Eines war mir ganz klar während meines Ringens um eine Vorgehensweise gegenüber einem intellektuellen Klima der Dekonstruktion. Ich musste unter Zuhilfenahme eines Vokabulars einer konstruktiven Philosophie ganz von vorne beginnen. Jenseits des pluralistischen Relativismus gibt es den universellen Integralismus, und eine derartige Philosophie war das, was ich suchte. Ich suchte nach einer Weltphilosophie. Ich suchte nach einer integralen Philosophie, die auf überzeugende Weise die unterschiedlichen Kontexte der Wissenschaften, der Moral, der Ästhetik, die westliche wie auch die östliche Philosophie und auch die Weisheitstraditionen der Welt zusammenbringen würde. Natürlich nicht im Detail, so etwas ist nicht möglich, aber innerhalb von Orientierungsverallgemeinerungen. Dies wäre eine Möglichkeit zu zeigen, dass die Welt eins, ungeteilt und ganz ist und mit sich selbst auf vielfältige Weise in Beziehung steht. Es wäre eine holistische Philosophie für einen holistischen Kosmos, eine Weltphilosophie, eine integrale Philosophie. Und drei Jahre später war Eros Kosmos Logos das Ergebnis meiner Bemühungen.
Ein Kritiker schrieb, dass das Buch „mehr Wahrheiten würdigt und enthält als jeder andere bisherige Versuch der Menschheitsgeschichte.“ Ich glaube gerne, dass das der Fall ist, doch ich bin mir gleichzeitig bewusst, dass jeder neue Morgen neue Wahrheiten mit sich bringt, neue Perspektiven eröffnet und noch umfassendere Sichtweisen verlangt. Eros Kosmos Logos ist lediglich die neueste Vision in einer langen Reihe von holistischen Visionen und wird wiederum in einem größeren Morgen aufgehen und dort lediglich noch als Fußnote Erwähnung finden. Doch bis dahin ist es eine fantastische Reise.
Ken Wilber, aus dem Vorwort der Collected Works Band 6