Michael Habecker
Die vier Quadranten als vier Hauptperspektiven
Ausgehend von vier vermuteten Grunddimensionen aller Manifestation, dem Innerlichen und Äußerlichen, dem Individuellen und Kollektiven, lassen sich vier voneinander unterschiedene, wenn auch miteinander zusammenhängende Daseinsbereiche differenzieren, die von Wilber so genannten „Vier Quadranten“: Jeder dieser Bereiche kann für sich erforscht, entdeckt und weiter entwickelt werden.
Im oberen linken Quadranten finden wir die Untersuchungen der Innerlichkeit von Menschen (und aller empfindenden Wesen), wie sie beim Menschen beispielsweise durch Meditation und (Entwicklungs)Psychologie vorangetrieben wird, mit der Frage: „Was ist ein Ich?“ Im unteren linken Quadranten lautet die Fragestellung: „Was ist ein Wir?“, was ist Gemeinschaft, Intersubjektivität und gegenseitiges Verstehen, und wie entwickelt diese sich? Eine der Möglichkeiten dieser Frage nachzugehen ist die Wissenschaft der Hermeneutik. Im oberen rechten Quadranten geht es darum zu verstehen, was ein Es ist, und hier finden wir den Untersuchungsbereich der Naturwissenschaften wie Physik, Chemie und Biologie. Im unteren rechten Quadranten schließlich werden nicht Einzeldinge betrachtet und untersucht, sondern Systeme als die Außenseite des Kollektiven.
Im oberen linken Quadranten finden wir die Untersuchungen der Innerlichkeit von Menschen (und aller empfindenden Wesen), wie sie beim Menschen beispielsweise durch Meditation und (Entwicklungs)Psychologie vorangetrieben wird, mit der Frage: „Was ist ein Ich?“ Im unteren linken Quadranten lautet die Fragestellung: „Was ist ein Wir?“, was ist Gemeinschaft, Intersubjektivität und gegenseitiges Verstehen, und wie entwickelt diese sich? Eine der Möglichkeiten dieser Frage nachzugehen ist die Wissenschaft der Hermeneutik. Im oberen rechten Quadranten geht es darum zu verstehen, was ein Es ist, und hier finden wir den Untersuchungsbereich der Naturwissenschaften wie Physik, Chemie und Biologie. Im unteren rechten Quadranten schließlich werden nicht Einzeldinge betrachtet und untersucht, sondern Systeme als die Außenseite des Kollektiven.
Vorteile
Zum einen wird jede der Erkenntnismethodiken für sich in ihrer Größe gewürdigt. Alles kommt „auf den Tisch“. Zweitens werden auch die Grenzen einer jeden Erkenntnismethodik erkannt - was kann Meditation und was nicht, was kann Physik und was nicht? Und drittens können die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Erkenntnis- und Seinsbereichen genauer untersucht und beschrieben werden:
Wechselwirkungen
- Wie beeinflusst eine individuelle Bewusstseinsänderung das individuelle Verhalten, und umgekehrt?
- Wie wirkt sich eine individuelle Bewusstseinsänderung auf das kollektive Bewusstsein aus, und umgekehrt?
- Wie wirkt sich eine individuelle Verhaltensänderung auf das kollektive System aus, und umgekehrt?
- Wie beeinflusst eine kulturelle Veränderung das System, und umgekehrt?
- Wie wirkt eine individuelle Bewusstseinsänderung auf ein System, und umgekehrt?
- Wie wirkt eine individuelle Verhaltensänderung auf eine Kultur, und umgekehrt?
Verfeinerungen
In seinem neueren Werk („Wilber 5“) differenziert Wilber die 4 Quadranten in 8 Perspektiven (Horizonte, Zonen) aus, indem er in jedem Quadranten eine Unterscheidung in innen und außen trifft.
Oben links
Machen wir uns den Unterschied zwischen der Innenwahrnehmung und der Außenwahrnehmung an einem Beispiel klar. Sigmund Freud hat u.a. durch die Methodik der Assoziation auf der berühmten Couch eine große Menge von phänomenologischem Material seiner Patienten gesammelt (Berichte und „Daten“ von der Innenseite des Ich-Erlebens, Zone 1). Gleichzeitig hat er aber auch diese Ergebnisse aus vielen Einzelsitzungen mit Abstand „von außen“ betrachtet und kam so zu einer Landkarte, einer allgemeinen modellhaften Abbildung der menschlichen Psyche, mit den Instanzen Es, Ich und Über-Ich. Derartige Landkarten sind Versuche, die Innenseite des Ich-Erlebens von außen modellhaft zu beschreiben (Zone 2).
Oben rechts
Die Außenseite eines (äußeren) Objektes ist das Verhalten dieses Objektes, Zone 6. Ich kann jedoch auch mein Augenmerk auf das richten, was sich (äußerlich beobachtbar) im Inneren dieses Objektes abspielt, im Hinblick darauf was dieses Objekt wahrnimmt, und das tun beispielsweise die Neurobiologie und die Kognitionswissenschaften, die untersuchen, wie Wahrnehmung und Reizleitung zusammenhängen. Der Mensch ist demnach ein autopoietisches, sich selbst ständig neu erschaffendes System.
Unten links
Wie sehen kulturelle Strukturen aus (Beziehungen, Familien, Nationen) und wie entfalten sie sich über die Zeit? Die Antwort auf diese Frage liefern die Strukturalisten der Wir-Räume, also diejenigen, die gemeinschaftlich geteiltes Erleben von außen betrachten und beschreiben, (Zone 4), z. B. Clare Graves oder Jean Gebser mit seiner Ebenenunterscheidung von archaisch, magisch, mythisch, rational und integral. Die Innenansicht (Zone 3) betrachtet die inneren Phänomene unmittelbar, die Außenansicht nimmt Abstand und erkennt und beschreibt Strukturen, Muster und Gewohnheiten: Das Innen und Außen gemeinschaftlich geteilter Innerlichkeit, von einer Zweierbeziehung bis zur einer (inter)nationalen Identität.
Unten rechts
Beschreibt die Systemtheorie das Verhalten eines Systems als Ganzes (Zone 8), so gibt es auch hier eine Innenansicht, die von Außen in das Innere von sozialen Systemen schaut, und einer ihrer herausragenden Vertreter ist Niklas Luhmann. Dabei geht es um den Mechanismus sich selbst reproduzierender Systeme, deren Autopoiese und die Frage, was Systeme letztendlich in ihrem „Inneren“ zusammenhält, und wodurch sie sich immer wieder neu erschaffen und weiter entwickeln können.
(aus: Quelle: IP 14, 2009)