von Dennis Wittrock, August 2010
Teil I
Abend mit Steve McIntosh @ Bay Area Integral
Nach etwas Sightseeing am Dienstag wurde ich auf einen Event am Mittwoch Abend aufmerksam, den die lokale Bay Area Integral Gruppe mit dem integralen Philosophen Steve McIntosh veranstaltete, der anlässlich der ITC in der Gegend war. Terry Patten gab als Gastgeber eine kurze Einführung und danach präsentierte McIntosh unter dem Titel „Fortschritt und Ziel der Evolution“ eine Zusammenfassung der Kernthesen seines neuen Buches. Demnach ist Evolution im wesentlichen ein dialektischer Prozess, der von der Erzeugung und Verwirklichung immer höherer Werte angetrieben wird. McIntoshs Strategie besteht darin, mit seinem Buch vor allem Menschen anzusprechen, die der modernen Weltsicht anhängen und zu zeigen, welche Indizien sich alleine aus der Wissenschaft für eine Entwicklungssicht ableiten lassen, die beim Big Bang beginnt, sich im Bereich der Materie und des Lebens fortsetzt und schließlich auch das Feld des Geistes und der Kultur umfasst. Ihm zufolge ist z.b. eine emergente Qualität auf der Ebene des Lebens (Biosphäre) die Fähigkeit von Organismen - wie rudimentär auch immer - Intentionen zu folgen und evaluative Entscheidungen zu treffen. Diese Fähigkeit hat einen konkreten Überlebenswert. Dies gelangt zur Blüte in der menschlichen Kultur (Noosphäre), in der das Werte-Trio des Wahren, Schönen, Guten als evolutionärer Attraktor wirkt. McIntoshs Buch soll bald in den USA erscheinen.
„Wer sind wir?“ – von Pitirim A. Sorokin zu Integral 2.5
Die Konferenz begann am Donnerstag mit 14 Pre-Conference Workshops. Ich besuchte zunächst eine halbtägige Einführung in Holacracy mit Brian Robertson, weil ich neugierig war, welche Aspekte seiner integralen Praxis für Organisationen er diesem speziellen Publikum nahebringen würde. Außerdem schaute ich mir einen Workshop mit Marilyn Hamilton und Cherie Beck an, die die Linsen von integraler Städteplanung und Mustern wiederkehrender Generationszyklen auf die Gesundheit von Städten und Kommunen anwendeten.
Am Abend gab es dann die feierliche Eröffnung der Konferenz im Hilton-Hotel. Die Haupt-Organisatoren der Konferenz, Sean Esbjörn-Hargens und Mark Forman, sowie David Zeitler gaben eine Einführung in die Thematik. Sean eröffnete breit indem er die Frage aufwarf „Wer sind wir?“ und „Wie werden wir in tausend Jahren auf diese Konferenz zurückblicken?“ Er betonte, dass die konkrete Anwendung der Theorie in der Praxis der Litmus-Test sei und dass die ITC alle zwei Jahre als eine Art Check-In dienen könne, bei dem man sehen werde, was in der Zwischenzeit entstanden sei. So schilderte er, dass der notwendige Differenzierungsprozeß des Feldes von der Gallionsfigur Ken Wilber bereits auf der ersten Konferenz 2008 begonnen habe.
David Zeitler ging im folgenden näher auf die Frage „Wer sind wir?“ ein, indem er die Forschungsergebnisse einer Umfrage unter den Konferenzteilnehmern vor zwei Jahren präsentierte. Demnach hatten überdurchschnittlich viele Teilnehmer bereits schon mal mystische Erfahrungen gemacht und waren bewegt von den Themenkomplexen „kulturelle Fragmentierung & Zugehörigkeit“, „ökologische Verwüstung & Erneuerung“ sowie „psychologische Regression & Transformation“. Als wichtigstes Element der integralen Theorie empfanden 47% die Ebenen des Bewusstseins, als am schwierigsten in der Kommunikation mit Fachkollegen aus der eigenen Disziplin zu vermitteln wurde das Element Zustände des Bewusstseins genannt. Insgesamt wurde eine große Bandbreite unterschiedlicher Bewertungen festgestellt, die nahelegen, dass inhaltliche Spannungen im Feld fortbestehen werden. Dieser Sachverhalt wurde als Zeichen einer gesunden, diversen Gemeinschaft gedeutet.
Mark Forman betrachtete die Frage der Differenzierung von Ken Wilber genauer und machte deutlich das die Gleichung integral = Wilber nicht haltbar ist, in dem er sich auf die Suche nach den Fußspuren von Vorläufern machte und betonte, dass es gegenwärtige Alternativen zu AQAL gebe. Nichtsdestotrotz sagte Forman, dass AQAL ein raffiniertes Modell sei und verglich Wilber mit einem Mathematik-Genie, der uns zwar seine Lösung präsentiere, oftmals aber nicht den Weg, wie er dorthin gelangt sei. Er bezeichnete als das Ziel der Konferenz eine wissenschaftlich robuste Sicht des Integralen. Da die akademische Welt Traditionen vertraut und singulären Figuren oftmals misstraut, war es ihm ein Anliegen eine historische Sichtweise aufzuzeigen, wenn auch nur eine vorläufige, schematische:
Integral beta: frühe integrale Denker
Integral 1.0: AQAL (1995), Ken Wilber
Integral 2.0: Zusammenwachsen & Anwendung (ITC 2008)
Integral 2.5: Differenzierung, Diversität, Forschung (ITC 2010)
Integral 3.0: eine reife integrale akademische Richtung
1) Evidenz
2) Interpretation
3) Anwendung & Betonung
4) Methode
5) Framework
Als Faktoren, die diese Entkopplung begünstigt haben, zählte er Wilbers Krankheit und die damit einhergehende Funkstille seinerseits (lange kein Output mehr), neu hervortretende Stimmen, neue Publikationen, die beiden ITC Konferenzen, sowie Mark Edwards Metatheorie auf.
Zak Stein: „Über den Gebrauch des Begriffes Integral: Schau-Logik, Meta-Theorie und ‚Wachstum zum Guten’- Annahmen“
„Integral“ ist demnach ein Vorgehen, dass sich den o.g. Werten (und Variationen davon) verpflichtet fühlt, wobei zentral besonders auf Umfassendheit Wert gelegt wird.
Clint Fuhs :„Perspektivische Semiosis: Vorläufige Bestätigung dass Perspektiven primordial sind“
Lakia Green: „Das Integrale Paradigma öffnen: die Inklusion von Zyklen im Rahmen der Integralen Theorie“.
Panel-Diskussion: „Schlüssel-Kritiken an Wilbers Werk: was ist die Achillesferse integraler Theorie?“
Robert Kegan: „Gibt es ein Leben nach der ‚Selbst-Autorenschaft’?“
Jordan Luftig: „Aufbau einer Bewegung durch Meta-Erzählung: Ein ideologischer Ansatz zur Inszenierung einer integralen Zukunft“
1. Lasse dich in den Geist und das morphische Feld von Ideologie einsinken
2. Benutze Ideologie als konzeptuelle Linse und heuristisches Mittel
3. Grabe im Integralen – der Theorie und Gemeinschaft – nach Ideen, um der integralen Bewegung beim Wachsen zu helfen und die Gesellschaft zu transformieren.
2. Die Geschichte von „uns“
3. Die Geschichte des „jetzt“
TEIL II
Integrale Bildung / Massenbewegung / Spiritualität & „eine kausale Version von Kuckuck!“
Zak Stein, Katie Heikkinnen: „Entwicklungsunterschiede im Verständnis Integraler Theorie und Praxis – Vorläufige Ergebnisse des iTEACH Projekts“
11:3- 11:4: hinsichtlich ihres Gebrauchs als Quadrivium / IMP Zonen; als Aspekte der Realität
12:1- 12:3: hinsichtlich ihrer Fähigkeit uns zu helfen verschiedene Faktoren zu organisieren; als Set von Methoden oder Injunktionen, die anzuwenden sind; als (impliziter) Hintergrund für ein ganzheitliches, sorgsames Urteil
10:4 – 11:2: werden in den Begriffen von Farben verstanden; werden mit Wissenschaft, Gott und Business assoziiert; sind synonym mit Entwicklungshöhe
11:3 – 11:4: gehen von weniger abstrakt zu mehr abstrakt; sind Strukturen des Bewusstseins; sind qualitativ distinkt
12:1 – 12:3: beinhalten zunehmende Differenzierung und Integration; sind emergente Eigenschaft des Denkens
Bence Gánti: „Persönlichkeitstransformation durch Integrale Erwachsenenbildung - das Modell der Integralen Akademie“
Abb: Übersicht über die Blöcke des Studiums
Ab dem zweiten Ausbildungsjahr kommt neben dem ausführlichen, theoretischem Studium aller einschlägigen Linien der Entwicklung, mitsamt ihrer ursprünglichen Modelle, das therapeutische Kommunikations-Training hinzu, bei dem die Teilnehmer Grundfertigkeiten erlernen, die sie später zum Integral Counselling befähigen sollen. Nachdem im ersten Jahr der Container der Integralen Sangha gefestigt wurde, erproben sie nun ihre Fertigkeiten miteinander und aneinander. Im dritten Jahr liegt der Hauptschwerpunkt auf der Erkundung von Bewusstseinszuständen und Typen. Konsequenterweise mündet das in einer intensiven Praxis-Erfahrung, die in Form eines mindestens 14-tägigen spirituellen Retreats als Teil der Ausbildung absolviert werden soll. Die jeweilige Form oder Tradition können die Teilnehmer frei auswählen. Die einzige Bedingung ist, dass es sich um eine lebendige Tradition oder Linie der Lehre handeln muss. Am Ende schreiben die Teilnehmer eine Abschlussarbeit. Besonders viel Wert wird auf den Aufbau einer Integralen Gemeinschaft bzw. „Seelen-Familie“ gelegt, der ein großes transformatives Potential zugeschrieben wird.
Paneldiskussion: „Ist das Integrale eine Massenbewegung oder ein elitäres Unterfangen?“ mit Mark Forman, Jeff Salzmann, Steve McIntosh, Frank Visser, Marc Gafni und Charles Flores
„An welchen Punkt sollte die Integrale Bewegung ansetzen?“
Mark Forman leitete über zur nächsten Frage, die auf die strategische Intervention mit integralem Wissen abzielte: „Welcher Gruppe sollten wir bevorzugt integrales Material geben?“ Was ist der archimedische Punkt, bzw. der soziale Akupunkturpunkt, an wir ansetzen sollten, um die beste Wirkung zu entfalten?1. Integraler Sonntags-Gottesdienst
2. Politik: Anwendung des integralen Ansatzes zur Lösung aktueller Probleme
3. Karriere-Entwicklung: Coaching-bezogene Anwendung des Ansatzes im Kontext eines Projektes / einer Vision, an deren Umsetzung Menschen konkret arbeiten (vgl. das Veranstaltungs-Format des „Integral Incubator“ [Brutstation]).
Charles Flores sah ein großes Potential des Integralen Ansatze in seiner Fähigkeit verschiedene Traditionen zusammenzubringen. Am besten werde er verstanden als ein Werkzeug, um mit dem zu arbeiten, was bereits vorhanden ist, um graduelle Evolution von Grund auf zu ermöglichen.„Welchen Aspekt der Theorie wollen wir opfern?“
„Heuchelei ist der erste Schritt zu guten Taten.“ Mit diesem Zitat von Hunter Lovins leitete Mark Forman die nächste Frage ein: „Sind wir bereit den transzendenten Anteil der integralen Theorie um der breiteren Anwendung willen zu opfern? Sind wir bereit, uns in dieser Weise selbst zu begrenzen?“Abb.: „Dialektisches Segeln“
Die Gretchenfrage: „Wie hält es die integrale Bewegung mit der Liebe?“
Auf die Publikumsfrage „Are we missing the love-part?“ (Etwa: Übersehen wir die Liebe [bei all der Theorie]?) erwiderte Marc Gafni (in Anspielung auf Ken Wilbers Vergangenheit), dass er Tellerwäscher „absolut heiß“ finde, was das Publikum mit allgemeinem Gelächter beantwortete. Seiner Auffassung zufolge spiele Liebe, sei es nun zu Ken oder zu seinen Ideen, eine enorme Rolle als Zugang zum Integralen.Terri O’ Fallon: „Das Zusammenfallen der Wilber-Combs-Matrix: Die Durchdringung der Zustands- und Strukturstufen“
Rangübergreifende Strukturmuster
Eines der zahlreichen iterierenden Muster, um die es in ihrem Papier geht, betrifft die Anzahl der Person-Perspektiven, die von der 1. bis zur 6. Person-Perspektive beschrieben werden. Ich greife mal vor: „Die sechste Person-Perspektive, alle n-ten Perspektiven sehend, beginnt außerhalb dieser n-ten Perspektiven zu treten und fängt an, eine Perspektive einzunehmen, die Beobachtungsmuster und Perspektiven-Einnahme über mehrere Ränge („tiers“) hinweg beinhaltet.“ Wenn es Ihnen bei diesem Satz geht wie mir, und Sie erst mal innerlich sagen, „Hä? Wat?“, dann wähnen Sie sich in guter Gesellschaft. Bei der dritten Lektüre ihres Papiers stach der Satz für mich heraus, weil er mir verdeutlichte, worin genau meine Schwierigkeit bestand, zu kapieren, was die Autorin eigentlich sagen will. Es beschreibt nämlich genau das, was sie in diesem Papier tut: eine Perspektive auf Muster einzunehmen,die sich über mehrere Ebenen und Ränge des Bewusstseins hinweg abspielen.Auf der Stufe der 4.Pers. Perspektive: Kontexte innerhalb von Kontexten, innerhalb von Kontexten, bzw. Systeme innerhalb von Systemen, innerhalb von Systemen
Auf der Stufe der 5.Pers. Perspektive: Konstrukte innerhalb von Konstrukten innerhalb von Konstrukten (z.B. innerlich: Projektionen von Projektionen, oder äußerlich: Landkarten von Landkarten)
Auf der Stufe der 6.Pers. Perspektive: Vereinigung polarer Muster; exemplifiziert z.B. als Gewahrsein iterierender, rangübergreifender Muster von Mustern, innerlich wie äußerlich.
(a) nur eine Seite sehen
(b) mehr als eine Seite sehen und die Fähigkeit der Wahl haben (entweder/oder)
(c) zwei oder mehr Seiten sehen und wählen (sowohl als auch)
(d) Integration der zwei Seiten des übergreifenden polaren Paars in eines, welches dann die eine Seite eines späteren, übergreifenden polaren Paars wird.
second tier: innerlich / äußerlich („subtil“ / „konkret“)
third tier: Immanenz / Transzendenz
Rangübergreifende Zustandsmuster
Da einem aus dieser 6. Person-Perspektive heraus offenbar übergreifende Muster besser ins Auge springen, wendet O’Fallon diese Kapazität im Folgenden auch auf Zustände an. Das erste, über mehrere „floors“ (in meiner Übersetzung „Ränge“) iterierende Zustands-Muster, das sie nennt, ist „Abstufungen des Gewahrseins von Zuständen“. Es verläuft stets folgendermaßen:1. Erstens: Kein Gewahrsein eines Objektes oder Zustands, obwohl es/er existiert (z.B. traumloser Tiefschlaf)
2. Zweitens: nachträgliches reflektives Gewahrsein von einer Erfahrung eines Objekts oder Zustands
3. Drittens: willentlich zugängliches Gewahrsein im selben Augenblick von einem Objekt oder Zustand
4. Viertens: Ein Zustand ist ein gewöhnlicher Teil des Lebens geworden, untrennbar davon und wird nicht mehr als ein Zustand erfahren.
Abb: „Das Reich des Geistes“, nach Terri O’ Fallon, 2010
Der Konkrete Rang
Auf dem Konkreten Rang lernt das Kind zunächst den konkreten Zustand zu meistern, so dass konkrete Objekte gewöhnlich werden und kein zusätzliches Gewahrsein mehr benötigt wird, damit sie auftreten. O’ Fallon: „Das Kind lernt zudem über die konkrete Welt mit subtilen Zuständen durch Spiele wie Kuckuck, wodurch sie lernen auf subtil mit ihrem inneren konkreten Auge zu sehen und wissen, dass die Mama hinter der Decke ist: das Kind ist erst seiner Mama nicht gewahr, dann im Nachhinein gewahr (wenn die Mama die Decke fallenlässt und „Kuckuck!“ sagt), und schließlich sieht es die Mutter in seiner Vorstellung hinter der Decke (konkreter Rang mit subtilem Gewahrsein eines konkreten Objektes [Mama]).“ Die subtilen Zustände auf dem Konkreten Rang werden dann zunehmend konsolidiert, bis sie gewöhnlich und permanent zugänglich werden. Sie merkt an, dass die Objekte schamanistischer Ausflüge in subtile Bereiche oftmals Tiere, die Sonne, usw. sind, was auf den Konkreten Rang (Strukturstufe) schließen lässt.Der Subtile Rang
„Der Eintritt in den Subtilen Rang beginnt mit der frühen 3. Person-Perspektive, wenn die Menschen den Konkreten Rang zum ‚Objekt’ machen, sich eines innerlichen (subtilen) Selbst bewusst werden, und beginnen die Begrenzungen des Konkreten als eine illusionäre Beschreibung ihres wahren Selbst zu sehen, eine Art niedrige Form von Maya.“ Weiter heißt es: „Sie sind sich bereits ihrer subtilen Vorstellungen gewahr, die konkrete Objekte beinhalten, und nun beginnen sie sich der subtilen Objekte innerhalb ihrer subtilen oder innerlichen Welt bewusst zu werden (d.h., sie wird sich ihrer Gefühle und Ideen bewusst), einschließlich subtiler körperlicher Zustände wie Bauchgefühl und ein weiches Herz (das innerliche Korrelat der externen Sinne). [...] An irgendeinem Punkt, gewöhnlich während der 4. Person-Perspektiven der Individualistischen/grünen und Synthetiker/ petrol Ebenen, jedoch nicht auf diese Ebenen begrenzt, werden sie bewusster im Augenblick, so dass eine Menge der subtilen Welt im Gewöhnlichen eingebettet ist (Denken, Planen, Gewahrsein von Zeit und Raum, Eckdaten, Gewahrsein innerlicher und äußerlicher Kontexte und psychologische Einsichten, etc.)“ Der Subtile Rang, der bei O’Fallon synonym ist mit dem zweiten Rang (second tier) wird also anders abgegrenzt als bei Wilber und beginnt wesentlich früher (ab dem Auftreten subtiler Phänomene, „Experte“) umfasst wieder vier Stufen und endet bei der frühen Schau-Logik, petrol bei Wilber (bzw. in der SD-Wertelinie bei „gelb“). Das ist natürlich keine Frage von richtig oder falsch, sondern schlicht eine Frage der Definition.Der Kausale Rang
Den Kausalen Rang beschreibt sie wie folgt: „Dies beginnt mit der frühen Konstruktbewussten Stufe der frühen 5. Person-Perspektive. Auf dieser Stufe fangen die Individuen an, sowohl den Subtilen als auch den Konkreten Rang zum Objekt zu machen, und sie sehen das subtile Ego (z.B. spiritueller Materialismus, egoische Projektionen, etc.), sowie die illusionären Konstruktionen des Verstandes [mind] des subtilen Selbst, und alles, was das Ego sieht, weiß, tut, konstruiert und definiert, indem es die konkreten und subtilen Welten benutzt, die sie zuvor bewohnt haben. Das könnte definiert werden als das lebendige Gewahrsein einer späteren Maya-Illusion. Keinerlei konkrete oder subtile Formen mit subtilen Objekten, die sie jemals erfahren haben, verbleiben als Boden, auf dem man stehen kann (Cook Greuter, 2002). Nichts, oder die Formlosigkeit, wird der lebendige Grund dieser neuen Welt, sogar während ihre groben und subtilen Ränge sich fortwährend entwickeln und durch diesen kausalen Rang hindurch aufkommen.“ O’Fallon betont, dass der Eintritt in den kausalen Rang offenbar eine „mühelose, gut balancierte, gelebte Erfahrung“ sowohl von Zustands- als auch von Strukturstufen erfordert. Fehlt die eine oder die andere Seite, so kommt es zu Schwierigkeiten. Kausale oder nonduale Zustandspraxis allein scheint sich nicht ohne weiteres in die Erfahrung der konstruktbewussten Stufe übersetzenzu lassen und eine konstruktbewusste Stufe ohne diese Zustandspraktiken kann leicht in die Erfahrung der „Dunklen Nacht der (subtilen) Seele“ führen. Ferner sei diese Ebene so weit von der konventionellen Ebene entfernt, dass es noch nicht genügend Gemeinschaften gebe, die „instinktiv eine kausale Version von Kuckuck“ lehrten. Auch hier ist bei Eintritt in diesen Rang wieder das Muster zu beobachten, dass das Gewahrsein des Kausalen zunächst erst im Nachhinein zugänglich ist, im Verlauf der vier Stufen (Konstruktbewusstsein, spätes Konstruktbewusstsein, Unitiv und Illuminiert) dann im gegenwärtigen Augenblick verfügbar ist, und schließlich als veränderter Zustand gänzlich in den Hintergrund des Gewöhnlichen hinein verwischt.Der Nonduale Rang
O’Fallon schreibt: „Der Eintritt in den Nondualen Rang ist ein weiterer Riesensprung, doch die meisten Menschen scheinen weit entfernt davon zu sein, diese Welt des Nondualen als eine alltägliche, gewöhnliche Erfahrung zu realisieren. Nichtsdestotrotz beginnt der Übergang in diesen Rang stattzufinden, sobald man die Fähigkeit entwickelt, Unterscheidungen und Muster zu konstruieren, die grobe, subtile und kausale Ränge umfassen können, zusätzlich zu gewöhnlichen, mühelosen Eruptionen, die aus dem formlosen Äther im illuminierten Geist stattfinden.“ Dann geschieht die Realisation dessen, was Wilber einmal beschrieben hat als die „letzte Bastion des Ego“. Das kausale Zeugenselbst wird selber als Ursache der Abtrennung vom Bezeugten erkannt, was das Individuum in die „Dunkle Nacht des kausalen Selbst“ stürzt. O’Fallon beschreibt die Natur dieser kausalen Maya-Illusion wie folgt: „Es gibt ein Aufblitzen der Operationen dieses Geistes, der solange federführend war, völlig unbewusst darüber, dass er überhaupt gar nicht führt. Es ist eher so, dass er unablässig Unterscheidungen zwischen seinen eigenen Konstrukten getroffen hat, ganz gleich wie ätherisch sie auch sein mögen, und ist nicht in der Lage ist zu sehen, dass er selbst grobe, subtile und kausale Ränge konstruiert.[...] Doch was ist dieses „Etwas“, das dieses Geist[mind]-Selbst beobachtet? Das ist die Frage, die den Blick auf sich zieht, während man in angemessener Weise den Geist [mind] an das nonduale Göttliche hingibt, welches beginnt, das Reich des Geistes, der Unterscheidungen trifft, zu transzendieren. Wenige, falls überhaupt welche, kennen die gesamte Trajektorie des Intuitiven Meta-Mind, des Overmind, des Supermind-Raumes, und an diesem Punkt kann der Geist, mit dem wir arbeiten, sich lediglich beugen im Dienst an den Ruf des Göttlichen (Aurobindo, 1992, 2000).“Panel: „Integrale Spiritualität: Was ist die Rolle des ‚integralen’ spirituellen Lehrers?“ Mit David McCallum, Craig Hamilton, Terry Patten, Diane Hamilton, Tom Thresher, Mariana Caplan, Marc Gafni
2) Was ist die Rolle des integralen spirituellen Lehrers?
3) Wo liegen die Herausforderungen und wo die Gnade darin?
Sind Gurus noch immer unfehlbar?
In der anschließenden Fragerunde trat John Dupuy, integraler Suchttherapeut, aus dem Publikum ans Mikrofon und bat die anwesenden Lehrer Position zu beziehen zu der selbstüberschätzenden Behauptung vieler Gurus, dass sie in jeglicher Hinsicht perfekte Wesen seien – eine Behauptung, die er – bei aller Gefährlichkeit – geradezu lächerlich finde.Integrale Spiritualität als neue Linie der Überlieferung?
Die nächste Frage aus dem Publikum kam von Lynne Feldmann. „Ist das Integrale eine Linie der spirituellen Lehre?“, wollte sie wissen. Dian Hamilton hielt es für möglich, das sie Wurzeln schlägt, das müsse aber letztlich die Zeit zeigen. Terry Pattens Ansicht nach ermergiere sie erst gerade, bedürfe aber der Praxis. Craig Hamilton sagte er sehe gerade eine ganze Menge verschiedener Schulen entstehen. Marc Gafni sprach die „doppelte Staatsbürgerschaft“ integraler Praktizierender an, die einerseits von diesem Trans-Ort jenseits aller Traditionen her kämen, andererseits aber auch innerhalb einer bestimmten Tradition praktizierten. Er plädierte in diesem Zusammenhang für eine Ethik der Großzügigkeit. Heilige Kriege zu führen könnten wir uns heute nicht mehr leisten.
(aus: Online Journal 25 + 27)