Susanne Baumann – Politikerin und ehemalige Nationalratskandidatin der Partei „Integrale Politik“ in der Schweiz – wird am diesjährigen Symposium des Integralen Forums teilnehmen. Ich wollte wissen, wer sie ist, was sie zum Symposium beisteuern wird, und was die „Integrale Politik“ unter ihrem Motto „Politik aus der Intelligenz des Herzens“ versteht.
Susanne lädt mich ein, sie auf einen ihrer Spaziergänge durch den Wald zu begleiten. Einige Minuten gehen wir schweigend nebeneinander her. Die Kieselsteine knirschen unter unseren Füssen und ein leichter, sommerlicher Wind bläst uns ins Gesicht. Was man plötzlich alles wahrnimmt, wenn Menschen miteinander still werden.
Vogelgezwitscher, Menschen bei der Arbeit.
Der eigene Atem.
Wir halten einen Moment inne.
Schauen uns in die Augen.
In der Welt sein und in die Welt bringen
Was sie zum Symposium beitragen will ist ihr klar: Sie konnte über die Jahre vertieft Erfahrungen sammeln, wie man das Integrale in politische Prozesse einfliessen lassen kann. Dieses Wissen möchte sie nun mit so vielen Menschen wie möglich teilen, damit weitere politische Initiativen entstehen und davon profitieren können. Die TeilnehmerInnen können sich daher auf persönliche und institutionelle Stolper- und Erfolgserlebnisse freuen. Auch ihre Erfahrungen mit unterschiedlichen integralen Methoden und Prozessen bringt sie gerne ein.
Erstens kommt es anders …
Bereits als junge Erwachsene interessierte sich Susanne für Politik und schrieb sogar Reden für einen Politiker. Als ihr damaliges Wertesystem ins Wanken geriet, war sie lange Zeit überzeugt davon, dass sie nie wieder in die Politik zurückkehren würde. Doch nach 12 Jahren intensiver Persönlichkeitsentwicklung wurde ihr bewusst, dass dieses Kapitel für sie noch nicht beendet war. Aber wo sollte sie beginnen? Also wartete sie. Und die Antwort kam prompt. Als in ihrem Dorf zehn Meter neben ihrem Schlafzimmer eine 5G Antenne aufgestellt werden sollte, wurde ihr klar, dass das Leben rief: „So Susanne, jetzt geht’s los.“
An der Kreuzung bleibt sie stehen, schaut in alle Richtungen. Ihr Atem ist ruhig, ihr Gesicht konzentriert und dennoch entspannt. „Hier lang.“
Unkonventionelle Ansichten
Sie malt kein Schwarz-Weiss-Bild des aktuellen politischen Systems, sondern schildert differenziert.
Viel guten Willen, Menschenkenntnis, Lösungsorientierung und sogar Intuition nimmt sie wahr. Die Grunddynamik der Politik stellt sie hingegen stark infrage. „Im heutigen Bewusstsein der Gesellschaft ist Politik etwas, das vordergründig nur mit Ratio zu tun hat. Das heisst es geht um Fakten, man versucht zu argumentieren, einander zu überzeugen und die Anliegen der eigenen Interessensgruppe durchzusetzen. Das finde ich unbefriedigend. Denn wir haben gesehen, dass wir, wenn wir nur die rationale Intelligenz nutzen, genau an den Punkt kommen, wo wir heute sind. Dann können wir gar keine zufriedenstellenden Optionen mehr aufzeigen für die Herausforderungen, die wir im Moment haben. Schau dir nur die AHV-Engpässe, die Umweltproblematik oder die Überlastung des Verkehrsnetzes an.“
Und genau hier kommt die Politik aus der Intelligenz des Herzens ins Spiel. Ein politischer Ansatz, der neben dem rationalen Denken auch der körperlichen Intelligenz, den emotionalen Empfindungen und der Inspiration durch unsere Seele mehr Raum gibt. Um das konkret umzusetzen, benutzt die IP die Integralisierungsmethode[1]. „Ich bin überzeugt davon, dass wir so zu viel weiseren Entscheidungen in der Politik kommen werden.“
Unser Weg führt vorbei an einem Schiessstand und wenige Minuten später zerreissen die ersten Schüsse die ländliche Idylle. Susanne erzählt ruhig und fokussiert weiter. Sie scheint mir ganz ähnlich wie der Milan, der über uns kreist: geduldig gleitend, mit Weitblick und dennoch messerscharfem Blick auf das, was sie erreichen will.
Die IP hat die Grundmotivation das Gemeinwohl zu vertreten – und zwar nicht nur jenes der Menschen, sondern jenes aller Lebewesen und des Planeten als Ganzes. „Um das konkret realisieren zu können, haben wir integrale und visionäre Methoden implementiert und hören mehr auf dahinterliegende Bedürfnisse wie z.B. Sicherheit, als auf vordergründige Probleme, Argumente und Forderungen. Somit haben wir oft ein viel grösseres Erfolgspotenzial, weil wir uns auf einer viel tieferen Ebene begegnen. Und so wird es möglich, dass es am Schluss nur Gewinner gibt.“
Ich sehe die Menschen vor mir, die sie augenrollend als Träumerin abstempeln. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, lacht sie auf und fügt hinzu: „Vielleicht ist das ein bisschen naiv, was ich gerade gesagt habe. Aber es ist zumindest unsere Utopie. Diese wollen wir ausprobieren. Und es ist uns auch schon gelungen.“
Visionen braucht der Mensch
Sie selbst sieht sich als Visionärin. „Ganzheitliche Zukunftsbilder ermöglichen es uns zu sehen, welches der nächste Entwicklungsschritt für uns als Menschheit und für ein politisches Problem ist. Wenn wir konkrete Visionen aufzeigen, dann können es sich mehr Menschen vorstellen. Und je mehr Menschen sich etwas vorstellen können, desto mehr können wir es auch gemeinsam umsetzen.“
Auf politischer Ebene sieht sie ein Parlament, in dem man sich zuhört – mit Empathie und Achtsamkeit. Ein Gremium, in dem man sich wirklich aufeinander einlässt, in dem mit neuen Methoden gearbeitet wird, aus welchen zukunftsfähige Resultate entstehen. Ein Parlament, das auch mal still ist.
Strahlend erzählt sie von einem blühenden Land und Menschen, die entspannt und innerlich erfüllt sind, weil sie Zeit haben für das, was wesentlich ist.
Ich sehe unsere Welt vor mir in einem bewussteren Zustand. Ich kann mir diese Welt vorstellen und sie ist mir sehr nahe. Und ich sehe auch eine Möglichkeit für eine politische Partei, wie sie diese Vision mehr in die Gesellschaft hineinbringen kann.
Genau in diesem Moment treten wir aus dem Wald heraus und wir beide verstummen.
Vor uns liegen die sanften Hügel des Unterlandes und dahinter die massive Alpenkette. Alles in ein gold-gelbes Licht getaucht, von der Sonne, die sich gerade hinter einer vereinzelten schwarzen Wolke versteckt und deren Rand glühend erstrahlen lässt.
Ein unglaublich starkes Gefühl macht sich in mir breit: Frieden. Und Dankbarkeit.
Alles nur ein Spiel?
Aus ihren Worten wird klar: Ihr ist es sehr ernst damit, dass wir für politische Herausforderungen neue Lösungen benötigen. Dazu brauche es aber eine gewisse Gelassenheit, sonst brenne man aus. So wie viele Aktivisten – trotz ihrem grossen Herz. Diese Einstellung macht es ihr einfacher. Genau deshalb hat die IP ihren Wahlkampf auch ganz bewusst Wahl-Spiel genannt und sich immer wieder vorgenommen, spielerisch und leicht zu bleiben. „Um ehrlich zu sein: Es ist uns nicht immer gelungen. Manchmal war es ‚chnüppelhart‘. Es war enorm viel Arbeit und ich wurde auch oft mit meinen Ängsten konfrontiert, die mir einige schlaflose Nächte bereitet haben. Das ist natürlich nicht alles spielerisch, aber die Absicht, immer wieder etwas Spielerisches reinzubringen, hat uns immer wieder geholfen, den Geist aufzumachen und kreativ zu werden.“
Ihr Geheimnis ist Ausrichtung
Mir wird bewusst, wie viel Kraft das Vertreten von solch unkonventionellen Ideen benötigt.
Diese Kraft nehme ich aus einem Sinn, der weit über meine Person hinausgeht. Damit verbinde ich mich einfach jeden Tag. Dann richtet sich alles wieder auf und dann geht’s wieder weiter. Das heisst auch, dass ich weiss, wieso ich durch Schwierigkeiten hindurchgehe. Denn Evolution findet nur statt, wenn etwas Neues in die Welt kommt. Ich würde mein Leben nicht leben, wenn ich nicht dafür arbeiten würde, ein neues Bewusstsein in die Gesellschaft zu bringen.
Ich schau zu ihr rüber und unsere Blicke treffen sich.
Und so landen wir wieder dort, wo wir gestartet sind.
Noch dieselben. Und dennoch verändert.
Testimonial
Seit eineinhalb Jahren arbeite ich mit Susanne zusammen.
Dabei kann ich immer wieder miterleben, wie sie sich mit grosser Entschlossenheit dafür einsetzt, die Integrale Politik im Aussen sichtbar zu machen. Das Einstehen für eine integrale Gesellschaft ist ihr eine Herzensangelegenheit. Mit viel Charisma und Authentizität steht sie für die Vision der Integralen Politik ein. Ihre Schaffenskraft kennt keine Grenzen. Sie hat bereits in der Schweiz viel in Bewegung gebracht und so bin ich überzeugt davon, dass ihre Ausstrahlung auch international Früchte tragen wird.Marie-Louise Schläpfer-Schmid (Zürich)
Hintergrundinformationen
Susanne Baumann liebt den ländlich ruhigen Lebensstil und den menschlichen Kontakt.
Sie hat Wirtschaft und Internationale Beziehungen an der HSG St. Gallen studiert. Nach mehreren Jahren als Unternehmensberaterin, hängte sie ihre verheissungsvolle Karriere an den Nagel. Während rund 12 Jahren beschäftigte sie sich ausschliesslich mit Yoga, Meditation und Philosophie und zentrierte ihre Lebensausrichtung neu. Seither bringt sie das Gelernte in die Welt – z.B. als Coach für Führungskräfte oder als Repräsentantin für die "Integrale Politik“.
Fußnote
[1] https://integrale-politik.ch/wp-content/uploads/2019/03/Die-Integralisierungsmethode.pdf
Mehr Informationen zur Partei „Integrale Politik“ und ihren Ansätzen
Autorin
Tanja Sieger (1985, Wädenswil/Schweiz) wirkt mit Vorliebe in den Bereichen Eventmanagement, Hospitality, Persönlichkeitsentwicklung und im Bildungssektor. Eine Neugierde und Faszination fürs Leben und Mensch-Sein zeichnet sie aus.
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