«genauer Umriß und genaue Zeichnung
auf einem Hintergrund von Himmel und von Schnee»
Jean Gebser
Dieser vierte Band der Gebser-Reihe enthält unter der Gesamtüberschrift «Ein Mensch zu sein» vieles, das biografisch ist: «Die schlafenden Jahre», der autobiografische Roman von Jean Gebsers Kindheit und Jugend, sein kurzes Traumbuch, die Tagebuchnotizen und Aphorismen des Spiegelbuches des Hintergrundes. Die Texte sind zwar im Zusammenhang mit seinem philosophischen Werk zu lesen, aber es ist auch der Mensch Gebser, der darin deutlich in Erscheinung tritt. Deshalb finde ich es sinnvoll, meine Erinnerungen an die Begegnungen mit Jean Gebser für diesen Band zusammenzufassen. Was mir Gebser erzählt hat, worauf er mich hingewiesen hat, wozu er mich angeregt hat, kann eine Ergänzung sein, zu dem, was als Wink und Hinweis in den Aphorismen des Spiegelbuches zu finden ist. Die schlafenden Jahre der Kindheit und Jugend Gebsers können hier eine Ergänzung finden in den letzten Jahren Gebsers, in denen ich das Glück hatte, diesem hellwachen Menschen und Lehrer der aperspektivischen Welt begegnet zu sein.
Gebser war für mich bereits ein alter Mann, als ich ihn persönlich kennenlernte, es waren die drei letzten Jahre seines Lebens. Ich war ein 20-jähriger Student. Er hatte ein reiches Leben gelebt, ich war am Anfang meines Lebens. Zudem war Gebser deutlich von seiner Krankheit gezeichnet. Wenn ich bei ihm klingelte, ging es länger, bis er öffnete. Und nach dem Öffnen der Türe sass er erschöpft in einem Stuhl, der gleich neben der Türe hingestellt war, um sich darin auszuruhen. Auf seinem Gesicht aber war ein aufmerksames und freundliches Lächeln, das mich willkommen hiess in seiner Welt. Diese Welt war für mich eine Art Inselwelt. Hier betrat ich eine Insel der Ruhe, der Schönheit und der geistigen Anregung.