Wie der Evolutionsgeist die Schule transformiert
Der Bildungsvisionär Horst Költze leitet mit ‘Pädagogik der Selbst-Genese einen Paradigmenwechsel in der Schulbildung ein. Curriculum des Bildungsprozesses ist der junge Mensch mit seinem angeborenen Lerninteresse im Gegensatz zu verordneten Fachanforderungen. Das innovative Ziel ist die Selbstregulation.
Leseprobe
Einleitung
Die Pädagogik der Selbst-Genese leitet durch Fokussierung der Bildung auf das Phänomen „Selbst“einen Paradigmenwechsel in der Schulbildung ein,
- von der Schülerin/vom Schüler als „Objekt“der Lehrpläne und Bildungsprogramme
- zur Schülerin/zum Schüler als „Subjekt“des eigenen Curriculums.
Die Legitimation der Pädagogik der Selbst-Genese basiert auf einem Menschenbild, das durch den angeborenen Impuls des Homo sapiens zur Individuation seines Selbst als ontische Faktizität seiner Ur-Konstitution markiert ist.
Die Innovation der Pädagogik der Selbst-Genese ist legitimiert
- durch das ontisch begründete Struktur-Modell des Selbst Sören Kierkegaards,
- durch den virtuellen Intervall-Raum des „Inneren Universums“für das Frontalhirntraining zur Selbstregulation.
Diese Innovationen fördern die Weiterentwicklung des Menschheitsbewusstseins. Sie sind Teil der anthropologisch orientierten Teleologie der Evolution im integralen Bewusstseinszeitalter.
Damit ist die Pädagogik der Selbst-Genese eine evolutionslogische Antwort auf die ökologischen und geistigen Herausforderungen, mit denen die Menschheit im neuen Jahrtausend konfrontiert ist, besonders
- durch die Identitätskrise in der Begegnung mit humanoiden Robotern,
- durch Planung des „superhuman“ mittels Download des Geistes in Maschinen,
- durch die unausweichlich bewusstseinserhellende Selbstkonfrontation anlässlich der globalen Corona-Krise.
Mit der Fähigkeit der Selbstregulation in integraler Bewusstseinshaltung entwächst der Mensch seinem „pubertären Bewusstseinsstand“, in dem er sich als „Opfer seines Schicksals“ verstanden hat.
Mit der Fähigkeit der Selbstregulation
- entspricht der Homo sapiens mit erwachtem Bewusstsein seiner evolutionär-teleologischen Bestimmung zum „Co-Kreator“ seines inneren, virtuellen, und äußeren, materiellen, Universums,
- wird der Homo sapiens im Bewusstsein alleiniger Verantwortung für „seine“Welt nach zweihundert fünfzig Jahren währender Befreiung von dirigierenden Autoritäten JETZT mündig.
Im Kontext der Pädagogik der Selbst-Genese werden Vorläufer des Paradigmenwechsels in der Psychoanalyse und in der Sozialforschung dargestellt. Als Protagonisten gelten Heinz Kohut mit der Selbstpsychologie (1977) und Niklas Luhmann (1987) und Klaus Hurrelmann (1999) mit dem Konzept der Selbstsozialisation.
Darüber hinaus enthält der Kontext einen kritischen Diskurs zur Existenzfrage des „Selbst“.
Gegenüber der vermeintlichen „Zertrümmerung“des Selbst durch den Bewusstseinsphilosophen Thomas Metzinger in seinem Werk Der EGO-TUNNEL wird das SELBST als ontische Faktizität legitimiert.
A. DIE AUSGANGSLAGE
Die Konfrontation des Menschen mit seiner vornehmsten Aufgabe
Vor etwa zweieinhalb Jahrtausenden antwortete das Orakel zu Delphi auf die Frage:
„Was ist die vornehmste Aufgabe des Menschen?“
„ERKENNE DICH SELBST!“
Im 21. Jahrhundert ist diese Aufforderung verschärft. Sie lautet:
„SEI, DER DU BIST, EIN SELBST!“
Die Verschärfung entsteht aus zwei aktuellen Situationen.
Die erste Situation hat der Mensch sich selbst geschaffen:
In Gestalt eines humanoiden Roboters steht die Aufforderung „SEI, DER DU BIST, EIN SELBST!“ leibhaftig vor ihm, wenn er sich selbst, wie in einem Experiment realisiert, durch die Augen des Roboters als seine eigene Gestalt vor sich selbst stehen sieht1 und er sich fragt: wer bin ich eigentlich?
Die zweite Situation ist mit Covid-19 über ihn gekommen. Die Isolierung wegen der Corona-Gefährdung hat ihn auf sich selbst „zurückgeworfen“2 ins „Da“seines „Seins“ . Die Isolierung provoziert unausweichliche Selbst-Konfrontation mit biophysischen und mentalen Grund-Lebensfragen:
- Wer bin ich eigentlich?
- Wohin gehe ich mit dem nächsten Schritt? – Wie gehe ich?
- Wozu gehe ich?
Der Ur-Grund dieser Fragen ist die Frage nach dem eigenen Selbst.
In noch nie gekanntem Ausmaß ist jeder Mensch des Planeten Erde in dieser Bewusstseins erhellenden Weise mit dieser Grundfrage konfrontiert worden. Jeder Mensch ist aktuell herausgefordert, seine eigene Antwort auf die Grundfrage zu finden:
WIE BIN ICH MEIN SELBST?
Diese Frage ist die andere, die „innere“ Existenzfrage der Menschheit, neben der „äußeren“, nach der Bewahrung des Planeten Erde als organische Lebensquelle.
„Die Herausforderung für eine lebensfähige Zukunft der Menschheit. ... kann nicht ohne die richtigen Bildungssysteme gelöst werden“, stellt der US-amerikanische Bildungsphilosoph Zachary Stein im Interview mit Caspar Henderson über sein Buch Education in a Time between Worlds fest.3 Denn in Wirklichkeit handelt es sich in der Metakrise um ein Bildungsproblem. Es ist ein Problem mit der Art und Weise, wie Menschen die Welt verstehen, wie Menschen Sinn machen. Und das bedeutet, dass wir uns, obwohl wir uns viel mehr als jetzt um die technischen Probleme kümmern müssen, als wir es wirklich tun, zuerst um die Bildungskonfigurationen kümmern müssen, in denen sich Menschen befinden.
Ich sage, wir müssen tatsächlich einen neuen Weg finden, um Bildung zu machen.“4
Diese Zukunftsaufgabe erfordert fundamentale Transformation der Schule.
Dieser „neue Weg“ ist zunächst ein Weg „nach innen“zum eigenen Selbst durch Realisierung der Forderung „SEI, DER DU BIST, EIN SELBST!“
Der Zukunftsforscher Matthias Horx erkennt: „Zukunft entsteht aus Selbstregulation!“5 das bedeutet: indem der Mensch sich selbst, sein Selbst reguliert.
Das ist „der neue Weg, um Bildung zu machen“: Regulation des eigenen Selbst.
Das ist die genuine Aufgabe der Schule, künftig durch Selbst-Genese den jungen Menschen zu seiner Selbstregulation anzuleiten.
Die vorliegende Schrift bietet dafür eine Fundamental-Konzeption.
B. DIE THEORIE
I. Einführung
Prämisse der dargestellten Theorie einer Pädagogik der Selbst-Genese ist das Verständnis des Menschen als Selbst, dessen Struktur aus einem relationalen Beziehungssystem dreier Dimensionen besteht. Diese Struktur des Selbst ist das Ergebnis einer Existenzanalyse des Geisteszustandes ‚Verzweiflung‘, die Sören Kierkegaard, der Begründer der Existenzphilosophie, durchgeführt hat.1 Diese Struktur konstituiert das ‚innere Universum‘2 des Menschen.
Dieses Verständnis des Selbst als relationales Bezugssystem ist die Basis der Selbst-Genese-Pädagogik. Aus diesem Verständnis des Selbst wird eine Systematik von Prinzipien abgeleitet, die einer auf Selbst-Genese fokussierten praktischen Pädagogik
als Leitlinien zur Orientierung dienen.
Die Theorie einer Pädagogik der Selbst-Genese bietet durch Entwicklung des virtuellen ‚Intervallraumes‘ als „natürliche Conditio humana“3 fundamentale Orientierung für die Lebenspraxis des heranwachsenden Menschen als Subjekt der von ihm zu schaffenden Welt in Verantwortung vor dem eigenen Selbst, vor der Gemeinschaft aller Menschen und vor der Natur als Grundlage allen Lebens. „Erst das Subjekt als eine sich selbst und seine Umwelt gestaltende Einheit, das erkennt und urteilt, verkörpert die Bedingung der Möglichkeit zu erkennen, zu objektivieren und Sinn zu stiften.“4
Die anthropologisch orientierte Pädagogik der Selbst-Genese ist
- eine Resonanz auf das teleologisch angelegte natürliche Bedürfnis des Menschen nach Freiheit in der Bestimmung des eigenen Selbst und nach Einheit in der Identität mit sich selbst und
- eine Antwort auf die Herausforderung des Homo sapiens durch den humanoiden Roboter wie auch durch Covid-19.
Horst Költze
Pädagogik der Selbstgenese
Taschenbuch: 182 Seiten
ISBN-10: 841220123X
ISBN-13: 978-8412201239
Phänomen-Verlag (10. August 2020)
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